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Gendern in der Firmenkommunikation

Gendern in der Firmenkommunikation: Der Anfang für mehr Gleichberechtigung ist gemacht

Sprache ist ein kulturelles Gut und damit ein mächtiges Instrument, das erhebliche Auswirkungen hat. Dessen sollte sich jeder Mann und jede Frau bewusst sein. Wie wir Sprache verstehen, hat zunächst einmal etwas damit zu tun, wie wir sie als Kind erlernt haben. Lange Zeit waren Berufsbezeichnungen stets männlich, erst ab den 1990er Jahren wurde auch die weibliche Form in den Duden aufgenommen. Fortan nannte man stets beide Formen und es hieß „der Sachbearbeiter“ und „die Sachbearbeiterin“. Der Duden spiegelt hier die Veränderungen infolge eines gesellschaftlichen Prozesses wieder. Dieser ging und geht weiter, denn 2017 hat das Bundesverfassungsgericht in Deutschland auch ein drittes, nicht binäres Geschlecht anerkannt. Auch wenn es aktuell noch keine vollständige Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache gibt, sollten wir uns nicht davor drücken, eine präzise und respektvolle Sprache anzuwenden. Davon hängt nämlich auch die Beteiligung von Frauen und Mädchen am Berufsleben ab. In Zeiten, in denen weniger Menschen geboren werden als sterben, ist das für den Wirtschaftsstandort Deutschland von hoher Brisanz.

Wie sieht geschlechtergerechte Sprache im Firmenumfeld aus?

Firmen profitieren in der internen und externen Kommunikation von einer gendergerechten Sprache. Durch Gendern werden Frauen und Menschen, die sich mit weder mit dem weiblichen noch männlichem Geschlecht identifizieren, eingeschlossen – und das ist immerhin die Hälfte der Bevölkerung. Das schafft beispielsweise die Möglichkeit, einen ganz neuen Kund:innenstamm aufzubauen und stärkt das Firmenimage. Gleichzeitig schützt man sich vor einer möglichen Klage vor Gericht. Studien konnten belegen, dass, wenn Berufe auch in ihrer weiblichen Form genannt wurden, sich mehr Mädchen für eine Ausbildung in diesen Berufen interessierten.

Doch geschlechtliche Gleichberechtigung hört keineswegs bei Mann und Frau auf. Nicht mindestens eine weitere Form anzugeben (divers), wäre diskriminierend. Die allgemeine Höflichkeit verlangt es, Menschen so anzusprechen, wie sie sich selbst identifizieren. Die nach wie vor gebräuchliche Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ im Schriftverkehr ist zwar höflich, aber nicht gerecht. Wer nicht weiß, welche Form der Betreffende wünscht, verwendet korrekterweise eine geschlechtsneutrale Ansprache und beharrt nicht auf einer binären (männlich – weiblich).

Eine Stellenausschreibung verlangt Verbindlichkeit

Stellenausschreibungen, Satzungen oder sonstige Rechtsvorschriften an Behörden und Universitäten erfordern eine Sprache, die alle Geschlechter rechtsverbindlich einschließt, auch wenn dies manchmal zu recht „holprigen“ Sätzen führt. Seit 2019 sind genderneutrale Stellenausschreibungen Pflicht. Arbeitgeber müssen ihre Jobinserate seither geschlechtsneutral formulieren. Deshalb finden wir in Anzeigen stets den Zusatz (m/w/d), die Abkürzung für männlich, weiblich und divers. Mit dieser Formulierung sprechen Unternehmen alle Interessenten an. Es gibt aber noch wesentlich mehr Möglichkeiten, sein Bestreben nach Inklusion und Gendergerechtigkeit auszudrücken. Gibt jemand im Bewerbungsprozess das Merkmal „divers“ an, macht es Sinn, nachzufragen, wie der Betreffende genau angesprochen werden möchte. So werden Fettnäpfchen vermieden und es entwickelt sich eine entspannte Gesprächssituation.

Geschäftsbriefe: Die verallgemeinernde Anrede löst manches Problem

Bei Formulierung „liebe Kunden“ oder „Liebe Kollegen“ gehen die meisten zwar davon aus, dass sowohl Männer als auch Frauen gemeint sind, doch schließt das generische Maskulinum Frauen sprachlich aus. Es gibt viel bessere Lösungen im Schriftverkehr, die nicht einmal als direkte Genderform ins Bewusstsein dringen. So kann man beispielsweise für die Kollegen- oder Kundenansprache „liebes Publikum“ oder “liebes Team“ verwenden. Würde man eine gendergerechte Sprache korrekt benutzen, so müsste man immer beide Formen, also „liebe Kollegen und Kolleginnen“ , alternativ das Gender*, das Binnen-I oder einen Unterstrich verwenden. Ein Unternehmen, das konsequent eine gendergerechte Schreibweise anwendet, kann außerdem den Doppelpunkt im Wort einsetzen. Diese Variante ist bereits in moderner Spracherkennungssoftware aufgenommen. Dann macht man beim Diktieren eine kleine Pause und liest den Doppelpunkt nicht mit.

Stringent gendersensibel formulieren heißt aufmerksam sein

Gendergerecht formulieren bedeutet bereits, an wichtigen Textstellen weibliche, männliche und diverse Bezugspersonen ausdrücklich zu nennen. Dazu gehören zum Beispiel direkte Anreden und Titel, Überschriften, die erste Nennung einer Personengruppe oder die Nennung in Definitionen und Zusammenfassungen. Bei Briefen mit direkter Ansprache muss immer der ganze Name ausgeschrieben werden. Interessenten mit Vor- und Zunamen anzusprechen, hat sich im Bewerbungs-Schriftverkehr bereits eingebürgert. So kommt es im Bewerbungsgespräch oft gar nicht mehr zur Situation, das korrekte Pronomen anzuwenden. Stattdessen sprechen viele den Bewerber oder die Bewerberin mit ihrem Vor- und Zunamen an.

Gendern fördert ein positives Firmenimage

Mittlerweile sind Menschen so sensibilisiert, dass sie sehr darauf achten, wie sich ein Unternehmen auf seiner Website darstellt und welche Sprachmuster es verwendet. Spricht es ausgrenzend, zeigt es wenig Interesse an Gleichberechtigung und wird es von einem Großteil der Interessenten gar nicht erst in die engere Wahl gezogen. Viele Unternehmen können sich das nicht mehr leisten. Möchten sie sich diskriminierungsfrei zeigen, müssen sie sich fragen, in welchen Bereichen das Geschlecht in ihrer Firma eine Rolle spielt. Eine Kategorisierung findet häufig auch unterschwellig statt. Es heißt also, sehr aufmerksam zu sein. Gerade bei Trans*Menschen muss berücksichtigt werden, dass es eine Diskrepanz zwischen dem eingetragenen Geschlecht und der eigenen Identität gibt. In diesem Fall sollten Arbeitgeber nicht erst auf eine gerichtliche Anerkennung des Geschlechtes warten, um der betreffenden Person die Integration mit passender Berufskleidung und Namensschildern leichter zu machen.